Apr 08 2009

Buchrezension eines HAKOMI-Psychotherapeuten

hakomiNachdem ich während meines Psychologiestudiums Ausbildungen in Transaktionsanalyse und Hypnotherapie nach Milton Erickson absolviert hatte, war ich von dem körperorientierten Ansatz der HAKOMI-Methode ab dem ersten Workshop mit Ron Kurtz und Halko Weiss fasziniert.

In der Folge organisierte ich die erste Ausbildungsgruppe in dieser in Deutschland bis dato unbekannten Methode. Im Jahr 1982 gründeten Freunde und ich das HAKOMI-Institute of Europe, dem ich als Lehrtherapeut über zwanzig Jahre angehörte. Noch heute ist meine Arbeitsweise stark von den Prinzipien und dem Geist der Methode geprägt.

Es freut mich sehr, dass ein Kollege aus dem Lehrteam für den Instituts-Rundbrief mein Buch gelesen und besprochen hat.

Hier seine Rezension:

In seinem soeben erschienen Buch widmet sich  Roland Kopp-Wichmann – HAKOMI-Therapeut und ehemaliger Mitbegründer des Instituts – der Entwicklung der Geschlechtsrollenidentität und Reifung des männlichen  Geschlechts vom Jungen  zum erwachsenen Mann.
Um es gleich zu sagen, es ist ein gewiss nicht nur für Männer interessantes  und anregendes Buch! Auch allen Frauen sei es wärmstens empfohlen, den verschiedenen in diesem Buch dargestellten Blickwinkeln  auf uns Männer und unsere Werdensgeschichte  ein wenig Zeit zu widmen.
Beginnend mit einer einfachen Definition, für die Bezeichnung was aus seiner Sicht wesentlich für die Bezeichnung „erwachsener Mann“  ist, beleuchtet der Autor verschiedene Aspekte des Mann-Werdens und Mann-Seins. Mit einm Blick aus systemischen Blickwinkeln – besonders in der ersten Hälfte des Buches, die aber auch auf verschiedene theoretische Ansätze eingeht – und garniert mit vielen kleinen Beispielen aus der Realität des Lebens, entwirft er Schritt für Schritt ein differenziertes Bild des Mannes in unserer heutigen Zeit und Gesellschaft.

Dabei steht unter anderem die Ablösung vom Elternhaus als notwendiger Schritt im Zentrum seiner Aufmerksamkeit und Perspektivenentwicklung, um sich zu einem verantwortungs- und liebesfähigen erwachsenen Mann zu entwickeln. Auch rollen, zweiten spezifische Blickwinkel werden in einer guten Mischung von humorvoller und ernster Darstellung präsentiert: Jungen (Männer) und ihre Eltern, Männer als Väter, Ehemänner, Männer im Berufsleben, Männer unter sich, Männer und Frauen …

HAKOMI-Spezifisches finden wir vor allem in der mehr praktisch orientierten zweiten Hälfte des Buches. Anregendes finden die Leser in einem Test für Männer („Wie erwachsen bin ich?“) in vielen Übungen und Experimenten zur praktischen Umsetzung für das „Mann-Werden“, die im wesentlichen aus der HAKOMI-Methode entnommen sind (Achtsamkeit, Körperwahrnehmung, Glaubenssätze, Sichtweise von Symptomen …

Das Buch ist insgesamt leicht und locker zu lesen – erfreuliche „nur“ knapp 200 Seiten – und anregend, über die eigene Identität als Mann zu reflektieren (als Frau über die Geschichte, Identität und Rolle des Partners oder auch des Sohnes und der daraus beeinflussten Beziehungsrealität).

Abschließend sei gesagt, dass es viel Spaß gemacht, das Buch zu lesen. Ich halte es für sehr gut geeignet, an Klienten und Klientinnen weiter zu geben bzw. weiter zu empfehlen. Es bietet auch viel Material für die Arbeit mit Männern oder Männergruppen.

hajoDiese Rezension schrieb Hans-Joachim Diehl
Diplom Pädagoge, Lehrtherapeut und Trainer des HAKOMI Institute, Heilpraktiker für Psychotherapie, systemischer Paar- und Familientherapeut. Psychotherapeutische Tätigkeit seit 1981, 10-jährige Berufserfahrung in der stationären Suchttherapie. Leiter des Kinderschutz-Zentrums und eigene Praxis in Heidelberg (Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppentherapie sowie Supervision).

Über HAKOMI

HAKOMI® ist ein Wort der Hopi-Indianer mit einer modernen und einer archaischen Bedeutung. Modern läßt es sich als Frage “Wer bist du?” und als Aussage ”Der, der du bist” übersetzen. Und genau dieser Übergang von der Frage zur Feststellung ist Gegenstand wachstumsorientierter Psychotherapie. Die fortschreitende (Wieder-) Entdeckung des Selbst ist die Aufgabe einer Therapie.

Die archaische Bedeutung von HAKOMI® ist:
”Wie stehst du in Beziehung zu diesen vielen Bereichen?” Das kann man auch so übersetzen:

”Welchen Standpunkt nimmst du gegenüber den einzelnen Aspekten des Lebens ein?”
„Wie stehst du zum Beispiel zum spirituellen Bereich, zum materiellen Bereich, zu den großen Lebensthemen?“
„Wie zum Beispiel stehst du zu Freundschaft und Liebe?“
„Was ist deine Einstellung Gott und den Menschen gegenüber, zu Freiheit und Verantwortlichkeit?“
„Wie stehst du bezüglich all dieser Bereiche?“

Nun, entweder weißt du, wie du dazu stehst, oder du weißt es nicht. Therapie bedeutet, etwas darüber herauszufinden. Sie dreht sich in erster Linie um Entdeckungen, nämlich um die Frage, wer du bist, und um deine tiefsten emotionalen Einstellungen. Es geht nicht nur darum, wer du glaubst, zu sein. Es geht nicht um etwas, das du nur intellektuell begreifen kannst. Es geht darum, wer du im tiefsten Grunde deines Herzens bist.«

Einige Links:

HAKOMI Institute of Europe
HAKOMI International

Bücher über die Methode

2 Kommentare bisher

2 Kommentare to “Buchrezension eines HAKOMI-Psychotherapeuten”

  1. Bettina Schimanskion 14 Apr 2009 at 21:02

    Lieber Roland,

    über den Hakomi-Newsletter habe ich von Deinem Buch erfahren und es mir sofort gekauft-ich finde es super, kurzweilig und aufschlussreich. (zu Deinem Kritiker: leicht zu lesen und trotzdem nicht flach:-))

  2. Annette Withalmon 14 Apr 2009 at 21:17

    Ich habe mir „Frauen wollen erwachsene Männer“ gekauft und auch schon gelesen. Ich finde es sehr brauchbar und werde es wärmstens weiter empfehlen. Einige Männer um mich fanden den rosa Einband und dass der Titel mit dem Wort „Frauen“ beginnt, nicht zum Kauf/Lesen motivierend. Weiter hinten im Buch steht folgerichtig die Erwartung, dass das Buch zu 80% von Frauen gelesen werden werde.
    Schade vielleicht, aber ich wüsste auch nicht, wie es für Männer ansprechender gestaltet hätte werden können.

    Ich finde, vieles lässt sich auch auf die Situation einer Frau mit ihrer Mutter/Eltern anwenden.

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