Mrz 03 2010

Muttersöhne: Interview und Test auf BRIGITTE-woman.de

"500 Euro monatlich, wenn ich Mama verlasse?"

Wenn Mann nicht ohne Mama kann

Wenn Männer ein zu enges Verhältnis zur ihren Müttern haben, sind Konflikte in einer Partnerschaft vorprogrammiert. Diplom-Psychologe Roland Kopp-Wichmann über das Phänomen Muttersöhnchen.

BRIGITTE-woman.de: Muttersöhne – spielt das Thema für Paare über 40 Jahre überhaupt noch eine Rolle?

Roland Kopp-Wichmann: Ja, gerade für sie. Viele Menschen über 40 erleben auch als Paar eine Art Midlife-Crisis. Der Beziehungsrahmen hat sich oft verändert: Beispielsweise ist das Haus gebaut, die Kinder sind ausgezogen – der Blick richtet sich nun wieder mehr auf die Beziehung. Und einige erkennen dann, was sie schon länger unzufrieden gemacht hat. Zum Beispiel ein Partner, der sich nicht von seiner Mutter abgelöst hat.

BRIGITTE-woman.de: Was macht für Sie einen Mann zum Muttersohn?

Roland Kopp-Wichmann: Muttersöhne, genauer gesagt, nicht abgelöste Männer, erkennt man vor allem an zwei Punkten. Erstens: dem unangemessenen Kontakt zur Mutter. Der ist entweder total abgebrochen, was sehr selten ist, oder er ist zu häufig und zu intensiv. Entscheidender ist jedoch der zweite Punkt: die Rolle der Frau in der Beziehung. Bei einem Muttersohn fühlt sich die Partnerin mehr und mehr als Mutter für ihren Mann. Er kommt beispielsweise nach Hause und erwartet, dass seine Partnerin sich primär um ihn kümmert und ihn versorgt. Unabhängig davon, wie es seiner Frau geht. Hatte sie vielleicht auch einen stressigen Tag? Das sehen Muttersöhne nicht. Hinzu kommt, dass solche Männer Kritik nicht gut vertragen. Egal, wie die Partnerin die Botschaft verpackt – Muttersöhne sind sehr kränkbar und fühlen sich sofort angegriffen und in Frage gestellt.

BRIGITTE-woman.de: Heißt das auch, dass Muttersöhne im Job sehr unselbstständig sind?

Roland Kopp-Wichmann: Nein. Das können ganz fähige Leute im Job sein, die dort auch mit Kritik umgehen können. Sie können Sache und Person gut trennen. Doch in dem Moment, wo sie den Schlüssel in die Haustür stecken, passiert die Verwandlung.

BRIGITTE-woman.de: Wie kann es dazu kommen? Was liegt in der Erziehung begründet?

Roland Kopp-Wichmann: Die häufigste Entwicklung ist, dass den Männern als Jungen männliche Vorbilder gefehlt haben. Jungen brauchen einen emotionalen Kontakt zu anderen Männer – im Idealfall ist das der Vater. So erkennen sie, dass sich Männer oft anders verhalten als Frauen. Wenn sich ein Junge auf dem Spielplatz eine Schramme holt, ist die Mutter vielleicht überbesorgt und ängstlich. Ein Vater würde wohl eher sagen: „Komm, das macht doch nichts. Wir spielen weiter.“ Das ist nur ein mögliches Beispiel für unterschiedliches Verhalten. Männliche Vorbilder fehlen aber nicht nur, weil sich Eltern trennen – viele Väter sind zwar physisch anwesend, aber emotional nicht erreichbar.

Das ganze Interview mit einem Test lesen Sie hier …

PS: Wenig Sympathie verschaffte sich dieser Tage Renato Brunetta, als er ein schwieriges Problem der italienischen Gesellschaft mit einem Streich lösen wollte. Er sagte allen Muttersöhnchen und Nesthockern den Kampf an. Denn 40 Prozent der italienischen Männer im Alter zwischen 30 und 34 Jahren leben noch im «Hotel Mama».

Mit einer Prämie von 500 Euro monatlich will er die „Mammoni“ von zu Hause weglocken. Der Minister spricht aus Erfahrung: „Ich habe erst mit 30 Jahren das Elternhaus verlassen und darüber schäme ich mich“. Mit diesem Gesetz wolle er die jungen Leute wachrütteln.

kommentar Welche Erfahrung haben Sie mit dem Thema?
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Foto: © Dimitry Ersler – Fotolia.com

9 Kommentare bisher

9 Kommentare to “Muttersöhne: Interview und Test auf BRIGITTE-woman.de”

  1. Larenzoon 29 Apr 2010 at 12:40

    Ich bin mit 14 daheim ausgezogen – ich war dann nur noch am Wochenende bei Mutti – und dann beim Studium so gut wie garnicht mehr. Aus meiner Sicht hat das meine Selbstständigkeit extrem befördert. Internat ist keine schlechte Sache… Ich war auf jeden Fall froh, dass ich so zeitig rausgekommen bin. Muttersöhnchen kann ich nicht verstehen…

  2. […] Die Diskussion zur Needyness hat einiges angestoßen. Dieser Schnipsel hat mich nachdenklich gemacht: BRIGITTE-woman.de: Was macht für Sie einen Mann zum […]

  3. Männerblogon 26 Jul 2010 at 13:50

    „40 Prozent der italienischen Männer im Alter zwischen 30 und 34 Jahren leben noch im «Hotel Mama»“ Das ist ja echt der Hammer. Und die Italiener gelten hier als „Gigolos“ und wohnen noch zuhause….. tststs

  4. mayarosaon 01 Aug 2010 at 19:53

    Hm, Frauen wollen erwachsene Männer. Ja. Meine Formulierung wäre wohl eher „emanzipierte“ oder „selbständige“ Männer. Ja, es passiert oft, dass eine Frau ihren Mann als weiteres Kind im Haushalt empfindet und davon ziemlich genervt ist. Das Thema ist spannend. Aber: Sind das alles Muttersöhnchen? Was genau ist mit „Muttersöhnchen“ gemeint? Oder ist es nur ein „Leser-Fänger-Begriff“, bei dem sich jeder vorstellen soll, was er/sie will? Ist es denn erwünscht, dass Mädchen durch Erziehung sensibler gemacht werden als Jungs oder provoziert das nicht gerade die Fortsetzung der bestehenden Rollenkonflikte? Fehlten die Vorbilder oder war es nicht so, dass viele Männer durch ihre männlichen Vorbilder zuhause gelernt haben, dass Mama sich um alle – einschließlich dem Herrn Gemahl – kümmert? In wie vielen Elternhäusern der heute über 40-jährigen haben Brüder und Papa der Mama und den Schwestern beim Haushalt geholfen?
    Das obige Interview erscheint mir oberflächlich und klischeehaft. Schade.
    Viele Grüße
    mayarosa

  5. Roland Kopp-Wichmannon 02 Aug 2010 at 17:02

    Hallo Mayarosa,
    nun, in einem Interview kann man nur etwas anreißen. Und es hängt ganz von den Fragen ab, was man antworten und wie sehr man in die Tiefe gehen kann.
    Wenn Sie das Thema wirklich interessiert, auch meine Definition von erwachsenem Mann bzw. Mann können Sie mein Buch lesen.

    Es stimmt, dass viele Vierzigjährige als Kind im Haushalt geholfen haben. Es kommt ja auch bei dem Thema nicht so sehr auf das äußere Verhalten an, sondern auf die mehr unbewussten Dynamiken, die sich in der Partnerschaft zeigen.

    Danke für Ihren Kommentar.

  6. Münchneron 11 Sep 2012 at 00:35

    Sehr interessantes Interview. Dass die Muttersöhne ganz anders im Beruf ticken, muss nicht zwangsweise überraschend sein. Ich bin beispielsweise in meinem Beruf ein anderer Mensch als privat. Dort ist man gezwungen eine Rolle zu spielen, Autorität zu zeigen. Es sind immer verschiedene Rollen, die man in der Gesellschaft spielt. Nichtsdestotrotz erkennt man schnell ein Muttersöhnchen in der Art wie er beispielsweise mit Kunden umgeht.

  7. Roland Kopp-Wichmannon 11 Sep 2012 at 05:54

    Gut beobachtet!

  8. Alisaon 24 Okt 2012 at 09:42

    Aus meiner Erfahrungswelt weiss ich, dass viele Maenner ueber vierzig nicht im Haushalt helfen mussten und deswegen nicht dazu erzogen wurden, selbstaendig zu sein. Bei mir in der Familie (ich bin 28, mein Bruder paar Jahre aelter) gab es ein starkes Ungleichgewicht in der Erziehung der Maedchen und Jungs. Meine (italienische) Mutter hat sowohl meinen Vater wie auch mein Bruder wie Kinder versorgt und dementsprechend sind sie auch in vielen Dingen unselbstaendig geblieben. In Italien ist die Nicht-Abloesung der Maenner von ihren Muettern in vielen Regionen noch die Regel und liegt in vielen Erziehungsfehlern begruendet. Die einnehmende Mutter will gar nicht, dass ihr Sohn erwachsen wird und unterbindet seit Kindesalter die Bestrebungen des Kindes selbstaendig zu werden.
    Diese unangemessene Beziehung zwischen Mutter und Kind hat auch in der Sprache Spuren hinterlssen. Auf italienisch gibt es ganz viele Begriffe, um die unabgeloesten Maenner bzw. Muttersoehne zu bezeichnen: Mammoni, cocci di mamma, bamboccioni etc.

  9. Alisaon 24 Okt 2012 at 09:45

    Aus meiner Erfahrungswelt weiss ich, dass viele Maenner ueber vierzig nicht im Haushalt helfen mussten und deswegen nicht dazu erzogen wurden, selbstaendig zu sein. Bei mir in der Familie (ich bin 28, mein Bruder paar Jahre älter) gab es ein starkes Ungleichgewicht in der Erziehung der Mädchen und Jungs.

    Meine (italienische) Mutter hat sowohl meinen Vater wie auch meinen Bruder wie Kinder versorgt und dementsprechend sind sie auch in vielen Dingen unselbständig geblieben. In Italien ist die Nicht-Ablösung der Männer von ihren Müttern in vielen Regionen noch die Regel und liegt in vielen Erziehungsfehlern begründet. Die einnehmende Mutter will gar nicht, dass ihr Sohn erwachsen wird und unterbindet seit Kindesalter die Bestrebungen des Kindes selbständig zu werden.

    Diese unangemessene Beziehung zwischen Mutter und Kind hat auch in der Sprache Spuren hinterlassen. Auf italienisch gibt es ganz viele Begriffe, um die unabgelöste Männer bzw. Muttersöhne zu bezeichnen: Mammoni, cocchi di mamma, bamboccioni etc.

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