Apr 12 2009

Ist der Mann in der Krise? Oder ist die Krise im Mann?

Mann in der Krise www.fotolia.comDer Mann sei in der Krise, tönt es immer lauter. Was steckt dahinter?

Interessante Antworten dazu gibt in einem Interview der Oberösterreichen Nachrichten die Berliner Journalistin Ines Kappert.

OÖN: Warum ist die Krise des Mannes ein Thema?

Kappert: Weil das Rollenverständnis im Umbruch ist. Gründe dafür sind, dass der Mann als Ernährer zunehmend zurückgedrängt wird, Frauen stärker ins Erwerbsleben eintreten und entsprechende Ansprüche reklamieren. Auch die ökonomische Situation für den durchschnittlichen Mann hat sich deutlich verschärft. Gerade in westlichen Industriegesellschaften sind gewisse Privilegien nur durch das Mann-Sein nicht mehr gegeben. Männer müssen Akzeptanz und Anerkennung heute deutlich härter erwirtschaften. Der Leistungsdruck hat zugenommen.

Wenn – wie oft behauptet wird – jede Krise eine Chance bietet, wo wäre die für den Mann?

Kappert: Es gäbe die Chance, sich von der Idee zu verabschieden, dass richtige Männlichkeit erst dann erlangt werden kann, wenn man überlegen ist. Das klassische Männlichkeitskonstrukt basiert ja darauf, dass man andere Positionen wie Frau-Sein, Schwul-Sein, Schwarz-Sein abwertet und darüber seine eigene Identität schafft. Das heißt, es ist ein hierarchisches Modell, kein dialogisches Modell. Das hierarchische Modell hat immer den Anspruch, dominant sein zu müssen und bringt einen enormen Leistungsdruck mit sich. Männer haben Privilegien, aber sie sind auch in diesem Leistungs-Korsett gefangen. Sie müssen einfach immer besser sein, wenn sie sich in ihrer Rolle wohlfühlen wollen. Die Chance liegt darin, dass man begreift, dass in der Gleichberechtigung oder im dialogischen Prinzip auch eine Entlastungsmöglichkeit steckt. Der Mann muss nicht immer besser sein.

OÖN: Gibt es sie schon, die „nicht besseren Männer“?

Kappert: Neue Väter sind Beispiele, wie sich das Prinzip Fürsorge in das Selbstverständnis von Männlichkeit integrieren lässt, ohne dass man deshalb als Memme deklariert wird. Das ist eine große Chance, weil sie den Zugang zu einer bestimmten emotionalen Welt ermöglicht. Den fehlenden Zugang zur Emotion, zum Gefühl beklagen diese Krisenszenarien ja massiv. Diese Männer sind abgeschnitten von ihren Gefühlen und kippen deshalb in die Depression.

OÖN: Dennoch: Man spricht von einer Krise der Eliten, und die männliche Monokultur in Führungsetagen ist offensichtlich…

Kappert: Sicher. Wobei ich glaube, dass mangelnde Selbstkritik Teil des Problems ist. Ich sehe keinen Ansatz, dass es diese Selbstkritik nunmehr gibt, die ja wieder eine Umgestaltung von Männlichkeitskonzeption in Gang setzen müsste.

OÖN: Wie würden Sie den Ausweg aus dem anmaßenden männlichen Denken beschildern?

Ines Kappert Krise der Männer Foto: privatKappert: Selbstkritik – jenseits der Selbstzerstörung. Das Problem ist ja, dass das patriarchale Prinzip Männlichkeit keine Selbstkritik verträgt, weil es ein ganz starres Konstrukt ist. Wenn kritisiert wird, steht sofort die Identität in Frage. Deshalb wäre der Ausweg die Integration von Selbstkritik und Dialogfähigkeit.

Ines Kappert ist u.a. Meinungsredakteurin der »tageszeitung« (taz). Hier einige ihrer Veröffentlichungen.

PS: Interessanterweise kommt Frau Kappert zu ähnlichen Ursachen in ihrer Betrachtung der Männerkrise: unangemessene Hierarchie aufgrund eines partriarchalischen Beziehungsverständnisses, Gefühlsverdrängung und Kritikempfindlichkeit.

PS: Gerade entdecke ich auch noch diesen passenden Artikel auf SPIEGEL-Online

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