Mrz 07 2009

Ein Interview über das Buch in der RHEIN-NECKAR-ZEITUNG

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„Ein Mann zu sein, lernt man von Männern“

Diplom-Psychologe Roland Kopp-Wichmann über Männer, die nicht erwachsen wurden, und die Rolle von Geliebten.
Von Birgit Sommer

Haben manche Männer eine zweite unsichtbare Nabelschnur, die sie daran hindert, das Leben eines Erwachsenen zu führen? Der Heidelberger Diplom-Psychologe und Paartherapeut Roland Kopp-Wichmann (Foto: Kresin) hat ein kurzweiliges Buch über die mangelnde Ablösung der Männer von ihren Eltern geschrieben und darüber, wie die Paarbeziehung davon beeinflusst wird. Sein tröstlicher Tipp: „Eine Krise ist keine Katastrophe. Nutzen Sie sie als Lernfeld.“

Ist Ihr Buch „Frauen wollen erwachsene Männer“ für Männer oder für Frauen gedacht?
K-W: Eigentlich ist es für Männer geschrieben, aber möglicherweise werden sich Frauen mehr dafür interessieren. Frauen leiden mehr an Beziehungen, Männer sehen das Problem oft nicht.
Warum wollen Frauen erwachsene Männer?
K-W: Weil man nur mit ihnen eine erwachsene Beziehung führen kann. Sonst ist es oft unausweichlich, dass die Frauen in eine Mutterrolle gedrängt werden. Die meisten Frauen aber wollen einen Mann.
Woran erkennt man erwachsene Männer?
K.-W: Daran, dass es ihnen gelingt, eine intime Beziehung zu einem erwachsenen Menschen zu knüpfen und sie über eine längere Zeit hinweg aufrecht zu erhalten. Das ist wichtiger, als dass man im Beruf seinen Mann steht. Ein Hausmann kann erwachsener sein als einer, der eine Abteilung leitet. Vielen Männern fällt es schwer, sich auf partnerschaftlicher Ebene mit ihrer Frau auseinanderzusetzen. Im Beruf, in einer Hierarchie, können es die meisten ganz gut. Im privaten Bereich spielen andere Voraussetzungen eine Rolle. Da ist es ein Vorteil und ein Nachteil zugleich, dass man vieles aushandeln muss.
Erwachsene müssen sich von ihrer Herkunftsfamilie lösen können, schreiben Sie.
K-W-: Das ist wesentlich. Kleine Kinder sind näher bei der Mutter, auch in Kindergarten und Grundschule haben Jungen heute mit Frauen zu tun und wenig männliche Vorbilder. Umso wichtiger ist es, dass sie etwa ab dem neunten Lebensjahr immer wieder aus dem mütterlichen Einflussbereich genommen werden.
Ein Mann zu sein, lernt man von Männern. Viele Väter sind aber nicht präsent, etwa, weil sie angespannt arbeiten oder emotional nicht greifbar sind. Oder weil die Kinder allein bei der Mutter aufwachsen. Wenn ein Junge beispielsweise bei einer alleinerziehenden Mutter als Partnerersatz herangezogen wird, kann er sich dem schwer entziehen, weil damit ja auch eine große Aufwertung verbunden ist. Wenn er sich da nicht lösen kann, kann er zum Muttersohn werden oder er bezieht eine rebellische Position und entwickelt Macho-Allüren.

Sind also die Mütter schuld?
K.-W: Schuld ist niemand, aber es gibt verschiedene Einflüsse. Zum Beispiel die Entwicklung, dass Frauen ein Kind wollen, aber keinen Mann – als wäre der Vater überflüssig. Was fehlt, ist die Emanzipation der Männer.

In welche Richtung müssen sich Männer emanzipieren?
K.-W: Sie müssen sich mehr um Beziehungsfragen und ihre eigenen Gefühle kümmern. Und sie sind gefordert, ihren Standpunkt einzubringen und nicht gleich nachzugeben, um auf einer Ebene mit der Partnerin verhandeln zu können. Ein wesentlicher Punkt ist: Man ist dann erwachsen, wenn man sich von seinen Eltern abgelöst hat. Männer haben oft zu lange Kontakt zur eigenen Familie, meist zur Mutter. Das ist manchmal Liebe, aber oft sind es Schuldgefühle. Etwa das Gefühl, sich kümmern zu müssen.

Was verhindert eine Ablösung?
K.-W: Es handelt sich immer um den Konflikt, sich nicht abgrenzen zu dürfen, der kleine, liebe Junge bleiben zu müssen, der die Mutter nicht verletzen darf.  Das alles hat auch Auswirkungen auf die Sexualität. Ob man eine Wohngemeinschaft bildet oder als Mann und Frau lebt, das entscheidet sich im Schlafzimmer. Bestimmte Männer übertragen ihr Mutterbild auf die eigene Ehefrau und suchen sich dann eine Geliebte. Der eigentliche Konflikt ist ihnen nicht bewusst.
Welche Wege gibt es für diese Männer dann noch zur Ablösung?
K.-W.:  Sie müssen an ihrem Männerbild und an ihrer Identität arbeiten. In meinem Buch gibt es dazu Übungen, die man ausprobieren kann.
Das ist ja richtige Arbeit.
K-W.: Das ist Arbeit, die aus meiner Sicht auch nie ganz fertig sein kann, weil immer neue Herausforderugnen kommen. Für viele Männer ist es neu, dass es an der eigenen Persönlichkeit oder in der Beziehung mit der Ehefrau etwas zu arbeiten gibt. Beim Klavierspielen oder beim Golfspiel ist ihnen sofort klar, dass es nicht ohne Einsatz geht.
Haben Sie einen Tipp für Frauen?
K.-W.: Frauen spüren, wenn ihnen die Mutterrolle angetragen wird. Sie sollten sie nicht übernehmen, deutlich ablehnen und konsequent handeln.

RHEIN-NECKAR-ZEITUNG 7./8. März, Seite 3
Oder hier als Link zur Rhein-Neckar-Zeitung

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